Der 12. Juli wurde schließlich ohne mein Zutun zum Tag des schneefreien Wanderns und die Füsse blieben den ganzen Tag trocken. Das erste Mal seit 3 Wochen. Was für ein Vergnügen; der Weg war sichtbar, sogar die PCT- Zeichen, welche wir in den Bergen vermisst hatten, tauchten wieder auf. Keine Wegsuche und kein ständiges GPS navigieren. Die Berge liegen hinter mir, der PCT bewegt sich zwischen 1500- 2300 Metern sanft auf und ab. Landschaftlich laufe ich durch Nadel- und Zedernwälder und wüstenähnlichen trockenen Abschnitten, wo es auch mal wieder klappert. Hinzu kommen die Schluchten mit vertrautem Mischwald und munteren Bächen. Die Badesaison hat nun auch für mich angefangen.
Alle Zeichen stehen auf Normalisierung.
Es gibt sie doch noch, die PCT Hiker; auf einmal trifft man wieder auf bekannte und unbekannte Leute. Es ist ein ziemliches Durcheinander: da ist die grosse Gruppe jener, die nach Ashland gereist sind und sich der Sierra Nevada von Norden nähern, da ist eine Gruppe, welche die Sierra vorerst mal ausgelassen und ab Donnerpass Richtung Kanada marschiert. Wir, die wir ohne Unterbruch durchgewandert sind, gehören- so wie es ausschaut- einer Minderheit an. Ich treffe täglich auf etwa ein Dutzend Wanderer in beiden Richtungen. Und folglich wird das Buschtelefon wieder aktiviert. Martin, mit dem ich von Kennedy Meadows losgewandert bin, hat den Trail abgebrochen und ist nach Hause geflogen ist. Ebenso eine der Australierinnen, Dropbear.
Zwei weitere Altbekannte haben mich mit Namen begrüsst, ich habe sie nicht wieder erkannt. Es seien nicht so viele Frauen in meinem Alter unterwegs, deshalb würden sie sich meiner erinnern. Die Beiden sind äusserst liebenswürdig und sympathisch, gehören aber bedauerlicherweise zur Fraktion der Wasserscheuen und erstarren vor Dreck. Was da wohl für Gedanken dahinter stehen? Je schmutziger, desto Abenteuer? Bei mir hinterlässt es jedenfalls einen ebenso nachhaltigen Eindruck wie mein Jahrgang bei ihnen.
Ich habe in Reno ein neues Handy gekauft, nachdem das Erste regelmässig meine Apps abgeschaltet und es über Wochen unbrauchbar gewesen war. Das Neue funktioniert und ich freue mich sehr darüber. Allerdings verhalte ich mich nach all' dem Pech irrational. Ich fasse das Teil nur mit Samthandschuhen an und morgens, vor dem Einschalten, wo das neue Alte mehrfach versagt hatte, bin ich meist noch etwas angespannt. Ich befreie mich sämtlicher negativer Gedanken und tätige erst dann hoffnungsfroh den Einschaltknopf. Es nützt, wie Ihr sieht. Auch das wird sich wieder normalisieren. Hoffentlich.
Seit dem Donnerpass laufe ich wieder alleine. Das ging nahtlos und fühlt sich gut und vertraut an. Es ist gut, wieder auf mich gestellt zu sein und meinem Rhythmus zu folgen.
Sorgen macht mir, dass der Blog unter soviel Normalität leiden könnte. Ich habe Gefallen daran gefunden, zu bloggen. Ich könnte mich um einen aufgeregteren Tonfall bemühen. "Nicht einfach", würde Tommii sagen. Neulich nachts beispielsweise, da wollte ein Reh hinter meine Vorräte. Ein Reh, kein Bär, den ich mit meinen neuen, spitzen Wanderstöcken in die Flucht hätte schlagen, um nachher detailreich davon erzählen zu können. Ein glubschäugiges Reh, das sich selber in die Flucht geschlagen hat, weil es an den Pfannendeckel geraten war. Einem Bären bin ich später, unterwegs, begegnet. Ich hätte ihn vielleicht sogar übersehen, hätte dieser blondierte Schwarzbär nicht wie wild die Flucht vor mir ergriffen. Ein prächtiges Bild, wie der Bär kraftvoll bergaufwärts stürmte.
Bin mittlerweilen in Belden auf 700m angelangt. Ein kleiner Ort mit einem Laden, einer Beiz und einem Fluss zum Baden. Ich liebe diese kleinen Orte, sie enthalten für mich gute, alte Wildweststimmung. Ich werde mir morgen Zeit lassen, schwimmen gehen und mich nachher dem amerikanischen Frühstück widmen, bevor ich auf der anderen Seite hochsteige, was ich heute abgestiegen bin. Ein ganz normaler Sonntag.
E scheene Sonntig
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