Der PCT Oregon endet, wie er begonnen hat: Rauch beeinträchtigt die Weitsicht und ein leichter Rauchgeruch liegt in der Luft. Gestern Abend haben Kleinflugzeuge Einsätze über ein nahegelegenes Brandgebiet geflogen und Brandverzögerer abgeworfen. Das Feuer brennt seit Wochen und verhindert, dass der Eagle Creek Trail begangen werden kann. Der Trail führt hinter einem Wasserfall hindurch, den Tunnel Falls. Schade, und gleichzeitig sind die Konsequenzen, welche die Brände auf uns Hiker haben, weit weniger dramatisch als für die Bevölkerung, die Tiere und die Natur. Dabei fällt mir auf, dass ich seit Crater Lake nur Kleintieren begegnet bin; Vögel, jede Menge Hörnchen ( Erd- u. Eich-) und selten mal einem Reh, die weiter südlich so zahlreich und zutraulich wirkten. In Ashland waren die sogar in der Stadt unterwegs. Ob da ein Zusammenhang besteht?
Ab Olallie Lake hat sich wieder so etwas wie Normalität eingestellt. Es sind wieder mehr PCT Hiker anzutreffen. Ab und zu saust jemand an mir vorbei, der die Timberline Challenge versucht: 51 Meilen (82 km) an einem Tag zu laufen. Picky schafft es, er ist um 3.30 aufgebrochen und um 21.00 war er am Ziel.
Ich begegne Dorian, 26, dem Franzosen, der mich in der Wüste damit überrascht hatte, dass er den PCT laufe, um seine Pensionierung zu planen. Präzisierte dann, dass er seine Wunschliste nicht erst im Pensionsalter abzuarbeiten gedenke. Das hört sich doch recht vernünftig an. Er muss noch Oregon "machen", dann geht er nach Washington. Ebenso der südkoreanische Marathon Man. Das Trio hat sich aufgelöst. Schade, wo immer ich aufgetaucht bin, haben die Drei mich begeistert begrüsst, manchmal sogar applaudiert. Den Grund habe ich nie verstanden, man gewöhnt sich erstaunlich schnell daran. Es wird Entzugserscheinungen geben.
Auf die Timberline Lodge habe ich mich sehr gefreut. Die wurde während der Depression von Arbeitslosen erbaut. Ein ästhetischer und zugleich robuster Bau. Die Lodge ist in der PCT Gemeinde sehr beliebt: sie gilt als ausgesprochen "hikerfriendly" und haben gutes Essen. Ich mache wie üblich bei Eintreffen in die Zivilisation Generalreinigung und ziehe meine Stadtkleider an. Objektiv ist wahrscheinlich kein Unterschied auszumachen, subjektiv schon. Im Restaurant treffe ich auf den Englishman und einen jungen Mann aus Hongkong, der sich strahlend schmutzig dem Lunchbuffet widmet. Ich sollte ihm die nächsten Tage wiederholt begegnen, er scheint völlig in seine Welt versunken und daran gewohnt, für sich zu sein. Er habe den ganzen Nachmittag nochmals das Menü "durchgegessen", erzählt er mir kurz vor Cascade Locks und freut sich auf das nächste Menü. Luke ist auch da. Wir beklagen uns über die unerwarteten Blasen, die bei uns beiden beim vierten Schuhwechsel aufgetreten sind. Er vermutet sogar eine Stressfraktur an einem Fussknochen, er hinkt stark und will gleichwohl weiter laufen. Ich finde ein paar Schuhe in der Hikerbox, die mir schmerzfreies Gehen ermöglichen und hinterlasse mein viertes Paar.
Das Essen in der Timberline Lodge zelebriere ich richtiggehend. Ein weiterer Meilenstein ist erreicht und ein nächster steht unmittelbar bevor.