Ich schrecke hoch, es ist bereits hell draussen, ich habe mich verschlafen. Die letzten Monate bin ich zuverlässig um 4: 30 erwacht, die Zeit, wo die Sterne langsam verblassen. Es ist kurz vor 6:00. Ich beeile mich, aus dem Schlafsack zu kommen, Kaffee zu kochen und zusammen zu räumen. Alles gleichzeitig. Bis ich zur Besinnung komme und merke, wie absurd die ganze Situation ist und überhaupt hatte ich mir doch vorgenommen mir das "Jufle" abzugewöhnen. Und nun dieser Rückfall bei Trailmeile 1859.3, in einer Situation, die so gar nicht zur Eile mahnt.
Mal abgesehen von meinem Innenleben war die Welt draussen in Ordnung. Ich hatte mein Zelt auf einem Hochplateau aufgestellt, die Sonne ging auf. Es kündigte sich ein klarer, prächtiger Tag an.
Am Vortag hatte ich Crater Lake bei ungewohnt bewölktem Himmel und kühler Temperatur, verlassen. Nachts hatte es vielerorts den ersten Frost gegeben.
Der PCT verlief grösstenteils durch Wald. Moosbehangene Märchenbäume wechselten mit einem Waldabschnitt, wo sämtliche Bäume krebskrank schienen. Sie hatten eine Unmenge Knoten. Tatsächlich scheint es eine Viruserkrankung zu sein. Die Knoten seien beliebt, um daraus Kunstwerke zu erstellen. Weiter nördlich ging es durch ein seen- und seelireiches Gebiet. In normalen Jahren dürfte hier eine Mückenplage herrschen. Nicht so heuer: der Waldboden hat vor Trockenheit Sprünge, der Trail ist furztrocken und staubig.
Für einmal hatte ich mir einen Plan zurecht gelegt. Ich würde bis FR 18.8. Abend bis zum McKenziepass laufen, um von dort via Sisters zu den PCT Tagen nach Cascade Locks an der Grenze zu Washington zu reisen. Ich hoffe, dort alte Bekannte zu sehen, ein Klassentreffen sozusagen. Und am Sonntag soll es wieder zurück nach Sisters/McKenziepass zum Trail gehen. Als Erstes bedrohten die Brände um Crater Lake meinen schönen Plan und während sich dort alles zum Guten wendete, brachen in der Sisters Wilderness weiter nördlich zwei weitere Feuer aus. Es herrscht hohe Waldbrandgefahr. Derzeit sind jegliche Feuer untersagt und nur noch regulierbare Campingkocher erlaubt, mein Holzkocherli ist zu unterst im Rucksack eingelagert. Ursache der vielen Brände sind meistens Gewitter mit einhergehenden Blitzen.
Ich habe mit zwei Deutschen, No Step und White Spot den zweiten Umweg in Angriff genommen. Der führt östlich an den Sisters Vulkanen vorbei.
Und- der Umweg ist überraschend schön; verschiedene Klimazonen treffen auf kurzer Distanz aufeinander. Da hat es Bergseen und - bäche, spärlich bewachsene Wüstenflächen, Kieferwälder und saftige Wiesen. Über allem ragt South Sister, später sollten noch Middle und North Sister auftauchen. Je weiter nördlich wir wanderten, desto näher kamen wir dem einen Feuer. Eine riesige Rauchsäule trieb meilenweit ostwärts. Wir nahmen eine Abkürzung und schafften es überraschenderweise noch am FR in die Ortschaft Sisters. Dort hörten wir, dass das Feuer sich ausgeweitet und der Highway 242 gesperrt worden ist. Der Nachteil des beständig schönem Wetters.
Von wegen Plänen: gestern hatte Sparkles auf einer Naturstrasse Trailmagic angeboten: Hot Dog, Hamburger, Süsses und Flüssiges. Sie habe es letztes Jahr bis Mount Shasta geschafft und dann wegen einer Stressfraktur aufgeben müssen. Die wichtigste Erkenntnis für sie sei gewesen, keine Erwartungen zu entwickeln. Man könne weniger kontrollieren, als man gemeinhin meine. Sie habe sich gut mit dem unplanmässigen Abbruch arrangieren können und habe keine Post- Trail- Depression gehabt. Ein aktuelles, wichtiges Thema.
Mal schauen, wie es mit den steten Änderungen weitergeht und ob mir Sparkles Gelassenheit gegeben ist, damit umzugehen. Aber vorerst geht s mal ab ins Wochenende.
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