Mittwoch, 23. August 2017

Mount Jefferson Umleitung 24.8.17

Ich bin am späten Sonntagabend von Sisters Richtung Santiampass aufgebrochen. Eigentlich war mir relativ schnell klar, wie ich mit den Sperrgebieten umgehen will, damit ich mein Ziel, den Thru Hike nicht gefährde. Ich laufe ganz einfach die Anzahl gesperrter Trailmeilen, wenn es sein muss, auf der Strasse. Ich werde nicht die ganze Strecke​ von ca.120 km von Sisters nach Olallie Lake laufen​ (ca. 80 km sind Asphalt), sondern etwa die Hälfte davon, dann ist mein Kriterium erfüllt.

Langsam geht der Tag zu Ende, campen ist kein Problem, aber Wasser sollte ich noch nachfüllen. Also wacker auf dem Highway weitergehen. Gegenüber hält ein oranger Subaru. Er sei ein ungeübter Autofahrer und dies sein erstes Auto, erklärte mir sein Besitzer, Elmar, ein gebürtiger Stadtluzerner. Er habe deshalb eine Signalfarbe gewählt, damit er gut sichtbar sei. Eine gute Wahl bei seinem unsteten Fahrstil. Er sei unterwegs zu einem Konzert am Suttle Lake, ob ich nicht mitkommen wolle? Ich will. Als wir eintreffen, geht das Open Air Konzert dem Ende zu. Schade, die Band war gut.
Die Campingplätze um den See sind am Tag vor der Sonnenfinsternis erwartungsgemäß ausgebucht. Elmar ist  spontan und unkompliziert Reisender. Wir folgen einer Naturstrasse und schlagen unser Nachtlager auf einer kleinen Lichtung auf. Elmar ist ein interessanter Zeitgenosse, redet viel, gerne und völlig unbeeinflusst von der Tages- bzw. Nachtzeit. Er arbeitet seit 4 Jahren als Bioinformatiker in Portland, OR, nachdem er zuvor 10 Jahre in Finnland gelebt hatte. Er hat keinen klassischen akademischen Werdegang aufzuweisen und gleichwohl seinen Weg in die Forschung, seiner Leidenschaft, gefunden. Falls ich nach Portland fahren sollte, dann könne ich bei ihm unterkommen. Es war eine wunderschöne, überraschende Begegnung.
Wir verabschieden uns am Montagmorgen und ich mache mich auf Richtung Santiam Pass, halte immer mal wieder inne, um in die Sonne zu schauen. Auf einmal steht die Welt still. Überall sind Menschen und beobachten das Naturschauspiel. Es wird dunkler und kälter. Einzelne Sterne werden sichtbar und ein Eichhörnchen dreht durch und zwitschert wie am Spiess. Leiser Applaus ertönt, als die Sonne langsam wieder sichtbar wird.

Ich hatte mir fest vorgenommen, die sich wiederholenden, gleichbleibenden Fragen freundlich zu beantworten. Oft genug ist es das Vorgeplänkel für ein Gespräch, aber nicht immer. Heute, am Tag der Sonnenfinsternis war" nicht immer" und es ging an die Schmerzensgrenze. Es kamen mir aussergewöhnlich viele Leute entgegen, welche die Sonnenfinsternis mit einer Wanderung verbunden hatten. Folgender Dialog spielte sich zwischen etwa einem Dutzend Leute und mir ab.

"Are you on the PCT?"
"Yes"
"Awesome. Where did you start?"
"In Campo."
"Awesome." Variante: "Good for you."
"When did you start?"
"24. April"
"Awesome. What about the Sierras?"
"We made it through"
"Awesome." Variante: "Congratulations."
"Where are you from?"
"Switzerland"
"Awesome." Variante 1 "How wonderful" Variante 2 " Welcome to America"
"Aaaahhh....!!"

Mittlerweilen bin ich auf der Umgehung  des Jefferson Waldbrandes. Dieser führt durch das grösste Brandgebiet, das in Oregon stattgefunden hat. 36 000 Hektaren Wald brannten 2003 nieder, erst die herbstlichen Regenfälle boten dem Einhalt. Im sich verändernden Licht strahlen die gebleichten Bäume eine morbide Schönheit aus. Bei gewöhnlichem Tageslicht sieht es nüchterner aus: Abertausende von Baumleichen, soweit das Auge reicht. Nach 17 Meilen auf der Strasse erreiche Detroit OR. Leute aus Michigan haben diesen Ort gegründet. Als vor ein paar Jahren ein Bürger eine Namensänderung vorschlug, um sich von Detroit Michigan und dessen schlechten Ruf abzugrenzen, sei dieser bedroht worden. Ich habe Detroit überschätzt, da gibt es weder Waschsalon noch Bibliothek, der Ort zählt 200 Einwohner. Sogar Wifi ist selten. Die Wirtin in der urigen Töffbeiz knurrt ein Nein, als ich sie danach frage. Wahrscheinlich gehört das zu den widerkehrenden Fragen, die sie beantworten muss.

Heute Abend (23.8.) sollte ich bei Olallie Lake (TM 2043) zurück auf dem PCT sein. Die Umgehung war erreignisreich, gleichwohl habe ich "längi Zyt" nach der Originalroute und meinem Trailleben abseits der asphaltierten Strassen. Und- der letzte Staat, Washington, ruft, knappe 100 Meilen sind es bis dorthin. Auf "the bridge of God" werde ich den Columbia River überqueren und Washington erreichen.

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