Ich stand an einer unmöglichen Strassenkreuzung in Redmond und hoffte, dass jemand auf mein Kartonschild "PCT Hiker to Cascade Locks" reagieren würde. Die Sonne ging im Rauch unter, ein durchaus schöner Anblick. Ich begann, die Ausfallstrasse hinunterzulaufen und mir zu überlegen, ob ich ein Hotel suchen soll. Die Chancen wären gering, Hotels und Campingplätze seien wegen der Sonnenfinsternis seit Monaten ausgebucht. Tatsächlich sollten wir am nächsten Tag um Madras/ Warm Springs herum Feldern begegnen, welche kurzum zu Campingplätzen umfunktioniert worden sind. 300 Dollar für 5 Tage würde dafür verlangt. Ein wichtiger Termin für die Amerikaner, den man sich schon lange vorgemerkt hat. Um Mount Jefferson herum wird die Finsternis total sein. Und während ich Euch erzähle, was Ihr eh schon wisst, hält unerwarteterweise ein Auto. Dustin, ein PCT Begeisterter nimmt mich mit zum nächsten Ort, lädt mich auf ein Bier ein und fährt mich zum Smith Rock State Park, zu dem ein Campingplatz gehört. Die Felsen glühen rot, als wir dort eintreffen. Hier seien viele Szenen von "Wild" gedreht worden. Rees Witherspoon hätte jeweils im Restaurant, wo seine Frau arbeite, gegessen. Er löchert mich über Fragen über den Trail. Ich bin ganz gerührt über seine Begeisterung und darüber, wie sich alles gefügt hat.
Am Samstag geht es häppchenweise Richtung Norden. Alle Fahrer haben etwas mit dem PCT zu tun, das Schild hilft. Schliesslich nimmt mich Andri mit, ein leidenschaftlicher Mensch, der den PCT auf seiner Bucket Liste hat und zu den PCT Tagen fährt. Er ist mit seiner Familie vor 4 Jahren aus beruflichen Gründen von St. Petersburg in die USA gekommen. Er referiert über die Unterschiede zwischen den Ländern und sieht diese in der Geschichte begründet. Über die aktuelle Politik will er sich nicht unterhalten, das sei unsäglich. Vielleicht ist das besser so, wann immer er bei einem Thema Feuer fängt, gestikuliert er wild und vergisst zu steuern.
An den PCT Tagen waren weniger Hiker und Aussteller als erwartet. Immerhin traf ich Ki und Tommii. Beide zog es noch am selben Tag weiter. Robert war nicht da. Schade. Die beiden ungeduschten Brüder waren ebenso da wie Patchwork. Ihr Thru- Hike ist mittlerweilen auch ein Flickwerk. Ich ass mit Tim, der mir mit seinem Wanderrock aufgefallen war, zu Mittag. Ihm seinerseits sind meine muskulösen Waden aufgefallen, was er oft genug erwähnt.
Er hat Rika gekannt, die Japanerin, die bei einer Flussüberquerung in der Sierra umgekommen ist. Sie sei nicht alleine gewesen, sie sei vorausgegangen und hätte sich die Furt wohl zugetraut. Für ihre beiden nachfolgenden Kollegen sei sie einfach verschwunden gewesen.
Ich wusste lange nicht, dass ich die zweite Person, die tödlich verunfallte, kannte. Tree, die quirlige Chinesin, die ich mal kurz im Blog erwähnte, wurde aus dem Kings River tot geborgen. Es tut mir für beide furchtbar leid.
Ich spreche mit Bekannten und Unbekannten und reise am Sonntagvormittag leicht melancholisch zurück. Ich hätte mich mit Einzelnen gerne länger unterhalten. Es war ein ständiges Kommen und Gehen. Ich weiss aus eigener Erfahrung bestens, wie sich "itchy feet" anfühlen und das Phänomen scheint unter Wanderer äusserst ausgeprägt.
Ich hatte mich eingehend über den Umgang mit feuerbedingten Sperrzonen unterhalten und habe mir eine Meinung gebildet. Kaum in Sisters, begegnete ich Rotschopf Splash, der jeden Meter des Umweges laufen will. Jetzt bin ich wieder unsicher. Ich laufe einfach mal los Richtung Santiam Pass (ich müsste zum McKenzie Pass, aber der ist gesperrt) und hoffe, dass sich mein Zwiespalt unterwegs auflöst. Praktisch wäre, wenn sich dieser aufheben würde, bevor ich mir auf dem Asphalt die Füsse wund gelaufen habe. Ich habe es nicht immer einfach mit mir, könnte es mir einfacher machen. Wer bin ich, wenn ja wieviele?
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