Donnerstag, 20. Juli 2017

Chester- Old Station 20.7.17/TM 1378

Ich könnte diesen Blog frei nach Christine Thürmer: Laufen. Essen. Schlafen. Begegnen. betiteln. Das Verkehrsaufkommen auf dem Trail hat zugenommen, ich begegne täglich etwa einem Dutzend Hiker, in Ortschaften sogar mehr. Und da man auf dem Trail eine feste Identität hat, gehört man automatisch dazu. Ich werde regelmäßig auch von Ausflüglern angesprochen. Die amerikanische Leichtigkeit, mit anderen in Kontakt zu treten, tun das ihre. Eine ganz andere Geschichte ist es, wenn man sich weit weg man vom Trail befindet; da sinkt das Ansehen rapide; Kleider, Rucksack und die Gesamterscheinung wollen nicht so recht in die Zivilisation passen.

Die Sonne ist noch nicht aufgegangen und ich bin bereits an acht in Schlafsäcken eingemummelten Hikern vorbeigewandert. Aus einem Schlafsack schaut überraschenderweise eine Katze und jemand sagt, ohne die Augen zu öffnen: "How do you do?" Bei den nächsten Beiden, die mitten im Weg liegen tönts:"You are off trail". Tatsächlich, der Weg führt durch den Bach gleich daneben.

Francoise kreuzt mich auf ihrem Weg nach Süden. Wir halten ein Kafichränzli mitten im Walde ab. Als nächstes kommt Patchwork, die Polin des Weges. Welch' Freude, sie wiederzusehen. Sie war mit einer Gruppe in der Sierra. Eine lebensgefährliche Situation (eine Frau wurde bei einer Gruppenüberquerung losgelassen und konnte durch andere aus der Strömung gerettet werden) hätte sie zum schweren Schritt bewogen, die Sierradurchquerung abzubrechen und nach Norden zu reisen. In Belden traf ich auf mittlerweilen bärtige Männer, denen ich in der Wüste letztmals begegnet bin. Es seien noch Viele von uns aus der Anfangszeit auf dem Trail, aber verteilt in alle Winde. Der Purist ist da. Er ging in der Anfangszeit mich jeweils an den Dorfeingang zurück, um keinen Trailmeter auszulassen. Er lacht herzlich darüber. Mit dem Englishman esse ich Fish & Chips. Er ist scheu, meidet Menschengruppen und hat einen trockenen Humor. Er erzählt von seinem der Sierra. Der Alleingang ist nicht spurlos an ihm vorbei gegangen. Er hätte sich völlig verausgabt, sei ständig unter Hochspannung gewesen. Er habe sich kaum Zeit zum essen und trinken genommen. Am meisten ärgert ihn, dass er am Sonora Pass, wo eigentlich alles vorbei hätte sein sollen, ein Schneefeld hinuntergestürzt und sich die Arme aufgerissen habe. Es sei abends um 18.00 zu müde gewesen, um das Schneefeld zu umklettern. Das Thema Sierra nimmt immer noch viel Raum ein. Auch beim Dampfplauderer, ein Ultraleichtgewichtswanderer, der uns zwischendurch alle stehen lässt. Er überfällt einen richtiggehend mit seinen Fragen, nervt und ist amüsant zugleich. Er will von allen wissen, ob sie die Sierra durchwandert und falls ja, ob auf der Originalroute. Mir erzählt er, dass es für ihn mit seiner Erfahrung ein Leichtes gewesen sei. Abends höre ich, wie er zwei Frauen höchst dramatisch von seiner Sierra Erfahrung erzählt. Auf dem Weg in die Stadt überholt er mich, kommentiert, dass ihm das Stadtfieber fremd sei, wo es doch hier draussen so schön sei. DP zweigt unmittelbar scharf rechts ab, setzt sich im Schneider Sitz in ein unscheinbares Stück Wald, um sich einem intensiven Naturerlebnis hinzugeben.

Eine Meile vom Highway 36 entfernt treffe ich auf Robert, 72. Er wolle wieder ein kurzes Stück PCT laufen, bis er alles zusammengestückelt hat. Der Anfang sei hart, was ihn sichtlich frustriert. Ein unbekannter Hiker hätte ihn hierher gefahren und habe den Auftrag, sein Auto in Old Station zu hinterlassen. Vielleicht hätte er sich doch den Namen und die Telefonnummer notieren sollen.

Der PCT ist wieder ein Schönerwettertrail. Sanft geht es auf und ab. Durch lichte Nadelwaldbestände, mit wüstenähnlichen , staubigen Unterbrüchen mit Blick in die Weite. Gestern ging s durch den Lassen NP, der ganz im Zeichen von vulkanischem Geschehen. Da blubbert heisser Schlamm, ein kleiner See enthält kochend heisses Schwefelwasser, ein Geysir dampft und kleine Rinnsale heissem Wassers sind anzutreffen.
Es ist erholsam und ich geniesse es sehr, dass das Leben auf dem Trail wieder aus mehr besteht als Laufen. Essen. Schlafen.

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