Ich hatte schon einiges über Hiker Town gehört: dass der frühere Besitzer den Hikern sehr zugeneigt gewesen sei, ein wahrer Trailangel (=alles gratis), dass sich nach dem Besitzerwechsel einiges verändert hätte und heute einer Abzockerei gleichkomme. Hiker Town ist eine charmant verkommene, urige Liegenschaft am Rande der Mojave Wüste und liegt am PCT. Sie soll heute einem Filmregisseur gehören, was den Eindruck von Filmkulisse erklären mag, den man beim Betreten des Grundstückes erhält. Überall stehen kleine, angeschriebene Häuschen, wo man übernachten kann: das Schulhaus, Gemeindehaus, Arzthaus etc. Das Ganze wird von Bob verwaltet, dem es fast peinlich ist, Geld für die Übernachtung in einem der Häuschen zu verlangen (10$). Ich habe das Doctor s House bezogen, ein Ein-Personen- Häuschen, um wiedermal nachschlafen zu können.
Die letzten 80 Kilometern herrscht Trailangel- Dichte: Agua Dulce, Green Valley, Hiker Town (Neenach), es ist ein Flohnerleben. Es wird sich weiter nördlich ändern, bis dahin nutze ich das Angebot, wenn es den am Wege liegt.
Und wenn ich Euch auch noch erzähle, dass ich vor kurzem entdeckt habe, dass ich letztes Jahr ein App heruntergeladen habe, das sich als GPS entpuppt hat...dann ist der Abenteuerstatus definitiv dahin. Der Weg ist ausserordentlich gut markiert. Ich wollte das Kartenmaterial ursprünglich in Papier, finde es aber nicht mehr notwendig. Auf dem GPS sind zudem noch die Wasserquellen eingezeichnet...das erleichtert doch einiges im Vergleich zu früheren Zeiten.
Vorgestern ging ich nach Lakes Hughes, um im dortigen historischen Rock Inn die Mittagshitze abzuessen. Ich war nicht die einzige; ein ganzer Stammtisch voll befand sich bereits schon dort.
Morello hat einen Hang zum Melodram, sie muss italienische Wurzeln haben. Ich hatte eben meine Wasserflaschen abgefüllt, mir lange genug zugeredet, die Strasse zurück zum PCT zu laufen...als sich die Türe öffnete und Morello, Teddybär im Gefolge, herein gestürzt kam. Sie konnte mir nicht erzählen, was los war und deutete auf ihren ausgetrockneten Mund. Teddybär erfasste die Situation sofort und zauberte eine Cola herbei. Daraufhin fand Morello ihre Sprache wieder. Und wie. Sie erzählte mir ein halbes Dutzend Mal, dass sie in der Mittagshitze den Berg hochgestiegen und sie an ihre Grenze gelangt sei(en). Die Hitze mache sie fertig, noch am Morgen seien sie 10 Meilen geflogen, und dann dies. Teddybär und sie hätten sich in der schattenlosen Gegend unter ihre Sonnenschirme geduckt und zwei Stunden ihre Situation erörtert, dann seien sie umgekehrt. Ich war des Lobes voll über die Reife ihrer Entscheidung, obwohl nie ganz klar ist, wer was wann entscheidet bei dem Duo.
Ich treffe nun beinahe täglich auf Morello. Meist an Orten, die sie vorhatte, auszulassen. Teddybär' s Zelt schmiegt sich in der Zwischenzeit eng an Morellos an und die Krisentelefonate mit ihrem Partner zu Hause nehmen an Häufigkeit und Länge zu. Ich hätte mir gut vorstellen können, dass Teddybär Gefallen an der Situation gefunden hat. Aber da “wir“ beschlossen haben umzukehren, ist das natürlich pure Spekulation.
Fortsetzung folgt.
Und während ich das schreibe, sitze ich im Schatten eines grossen Wohnmobils bzw. Aufliegers. Joey und Tom habe beschlossen, heute die durch die Mojavewüste laufenden Hiker zu verwöhnen. Vom Fussbad über Tacos und gekühlte Getränke: alles da.
Es war ein zäher Morgen für mich. Der Weg verlief grösstenteils auf dem Los Angeles Aquädukt, welcher 1913 erbaut worden ist und Wasser vom Owen Valley nach Los Angeles führt. Das Wasser wird ohne Pumpen, nur durch das Gefälle fortbewegt, deshalb die seltsame Linienführung. Ich habe mich schwer getan auf dem harten Untergrund und einfach Meilen “gemacht“ und zwar ab morgens um Vier, wegen der Hitze. Habe mich versucht, auf die Weite, den Himmel und die Wüstenpflanzen zu konzentrieren, es blieb eine freudlose Angelegenheit. Die unerwartete und grosszügige Trailmagic hat die inneren Kämpfe sofort ein Ende gesetzt und seither bin ich wieder des Wanderns froh.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen