Mittwoch, 3. Mai 2017

Idyllwild, 4.5. 17

Vor Idyllwild ist der PCT wegen eines Waldbrandes 2013 für 10 Meilen gesperrt. Das fragile Ökosystem braucht Jahre, bis es sich wieder erholt hat. Es gibt verschiedene Varianten, damit umzugehen. Man geht oder fährt vom Paradise Valley Cafe die 14 Meilen nach Idyllwild. Man geht bis zum Sperrgebiet, geht dann zur nächstgelegenen Strasse geht oder fährt die verbleibenden 10 Meilen der Strasse. Oder als 3. Variante man geht man bis zum Sperrgebiet und von dort eine Alternativroute von 24 Meilen ins Dorf. Ich habe mich für diese entschieden. Ich bin keine Puristin, so nennt man jene, die keinen Zentimeter des Trails auslassen dürfen. Ich möchte einfach den ganzen Weg nach Kanada laufen, auch wenn ich manchmal auf Alternativrouten ausweiche.

Die letzten Tage hatte sich das Feld “the bubble“ aus gedehnt und gelichtet. 20% würden schon in der ersten Woche aufgeben. Ich bin die letzten zwei Tagen nur wenigen und unbekannten Leuten begegnet. Ob ich zwischen zwei Gruppen geraten bin?

Ich wandere über den felsigen und bergan gehenden Weg -und wenn treffe ich unverhofft am Wegrand sitzend? Cotton Candy. Sie hatte die Nacht bei Freunden verbracht und sitzt frisch wie eh und je unter ihrem Sonnenschirm.
ÖlVor mir geht ein junger Franzose, ein lieber Kerl. Er hat die Angewohnheit, dass er über Nacht vergisst, dass er sich im englischen Sprachraum befindet und am Vormittag- zur Verblüffung der Amerikaner- jeweils französisch spricht. Er ist schnell unterwegs und wir drei, die wir die Einzigen auf der Bergroute zu sein scheinen, verlieren uns schnell aus den Augen. Der Weg in die San Jacinto Berge ist anstrengender als die vorhergehenden Meilen, aber auch sehr abwechslungsreich. Ab einer gewissen Höhe wachsen die Bäume wieder, sie scheinen mehr Wasser zu haben. Unglaublich die Formenvielfalt und Zähigkeit der Manzanitas. Und die Blumen!
Im Osten, unten im Tal wird Palm Springs sichtbar. 41°hatten die gestern.

Heute morgen stelle ich fest, dass die Alternativroute zwei Meilen innerhalb des Sperrgebietes abzweigt. Das unterlasse ich und gehe runter zur Strasse. Dort stecke ich mir erstmals die Kopfhörer an. Mit June Carter und Johnny Cash lege ich einen Powerwalk auf der Strasse hin, an dem ich zwischendurch zweifle. Ob es eine Rolle gespielt hätte, wenn ich den Daumen hochgehalten hätte? Ich habe diesen Eindruck, ich werde noch oft in diese Situation geraten und möchte mein Vorhaben nicht durch Ausnahmen gefährden.
Aufmunterung gab es zweimal; einmal als ein Truckfahrer mit der einen Hand sein Horn blies und mit der anderen den Daumen in die Höhe reckte. Später hielt Ricardo mit seiner Harley, um mir vom lokalen Jerky zu geben.

Mit “Class 17“ fasst man alle diesjährigen PCT Hiker zusammen. Und wie ein Klassentreffen fühlte es sich an, als ich in Idyllwild eintraf. Die erste, die mir um den Hals fiel, war Morello. Ich traf sie mehrfach wieder, diesselbe begeisterte Reaktion; ob sie mich wohl verwechselte? Kevin war da, Alex und all' die vertrauten Gesichter. Ich hatte irgendwie gehofft, dass wir in der Zivilisation mehr Zeit füreinander hätten. Eine Täuschung: es gibt viel zu tun. Zimmer finden, einkaufen für die nächste Etappe, Wäsche waschen, zur Post gehen, Ausrüstung anpassen etc.
Die Gespräche werden folgen, lassen sich aber genauso wenig planen wie die Begegnungen.

Kaum habe ich meine Sachen erledigt, bin ich nur noch erschöpft. Mag nicht mal mehr auswärts essen gehen, Picknick im Zimmer, was durchaus seinen Reiz hat. Das Wetter soll Samstagnacht umschlagen. Ich gehe deshalb morgen Mittag schon wieder los, um die höchste Stelle der Jacinto Mountains vor dem Wetterumschwung zu bewältigen.

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