Samstag, 9. September 2017

Snoquolmie Pass- Skykomish, 10.9.17/ TM 2461

"Seltsam, im Nebel zu wandern. Einsam ist jeder Busch und Stein. Kein Baum sieht den anderen, jeder ist allein". Gar so dramatisch wie von Hermann Hesse beschrieben ist der Rauchdunst nicht, aber er beschwört eine eigentümliche Stimmung herauf. Die Fernsicht war die letzten Tage deutlich eingeschränkt, die Bergketten, die ich durchwanderte, deuteten ihre Konturen hinter einem milchigen Schleier diskret an, manchmal rieselt es Asche und die Zeitwahrnehmung verändert sich. Durch die ungewohnten Lichtverhältnisse fühlt es sich ständig wie später Nachmittag an. Es hat einige Hiker zu diesem späten Zeitpunkt zum Aufgeben bewogen. Ich bin gleichwohl froh, wieder am Wandern zu sein. Ein bisschen melancholisch vielleicht, weil auf einmal alles so schnell geht und der krönende Abschluss, Washington, seine Reize verborgen hält. Hoffentlich ändert sich das noch.

Am Abend (DO) treffe ich auf vier Rettungssanitäter; sie hätten einen Notruf erhalten. Bei Rauch würden der Helikopter nicht fliegen. Sie rechnen damit, die hilfsbedürftige Person über mehrere Stunden in der Nacht hinunter tragen zu müssen. Sie hätten noch Pferde zur Unterstützung angefordert. Ziemlich aufwändige Angelegenheit.

Es herrschte reges Treiben auf dem Snoquolmie Pass, als ich am Mittwoch (6.9.) dort eintraf. Nachdem ich mit mir einig geworden bin, wie ich mit der bisher grössten Wegsperrung umgehen will, bin ich autostopend zum nächsten Etappenort gereist. Ich hatte, wie immer Glück. Das Schild " PCT Hiker to...." tat seine Wirkung. Etwa 20 Hiker (North- und Southbound) waren auf dem Pass und taten geschäftig. Die Sperrung des Trails zwischen den beiden Etappen hat einige Folgen: Transport muss organisiert werden, Proviant verpackt und ein Update bzgl. Feuerentwicklung eingeholt werden. Dazwischen wird gegessen, getrunken und getratscht. Die Hikerbox war am Überquellen, der überflüssige Proviant wurde paketweise hineingeleert. Ideale Verhältnisse für eine Schnäppchenjägerin wie mich. Ich habe mir auch für Washington keinen Proviant vorausgeschickt, das hat bis jetzt bestens geklappt. Mein Essen ist meist eine Mischung aus Einkauf und Hikerbox vor Ort. Bis jetzt bin ich gut damit gefahren, musste, mich an keine Postöffnungzeiten halten und bequem ist es alleweil. Und nebst all' dem Treiben taucht unverhofft wieder ein bekanntes Gesicht auf. Tratschen gehört mit dazu (von wegen Fifty Shades ist wieder solo). Francoise war auch da. Die Ärmste hat weiterhin an Gewicht verloren und ist nur noch Haut und Knochen. Sie meint, dass sie nach dem PCT wieder zulegen wird. Bei mir hat sich mein Wandergewicht nach der Sierra längst wieder normalisiert. Ich habe einige Kilos weniger als normal und hoffe, dass dem so bleibt. Nach dem PCT ist " Displizin" gefragt, wie meine Mutter das nennen würde.

Am Freitag kam Wind auf und es klarte auf. Es wanderte sich sogleich beschwingter durch diese rauhe, irgendwie vertraute Bergwelt. Der PCT wird von einem Tal ins andere geführt, ein ständiges auf und ab und folgt zwischendurch einem Höhenzug.
In der Nacht begann es leicht zu regnen und das sollte den ganzen Tag über so bleiben. Denkbar ungewohnt und für mich zu einem idealen Zeitpunkt: in ein paar Stunden würde ich in Skykomish sein. Falls das alte Regenzeug nicht dicht halten sollte, wäre das nicht weiter tragisch.

PS
Ja, " Shining" wurde in der Timberline Lodge gedreht.

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